Oben am Berg steht der Jäger vor einer verantwortungsvollen Aufgabe: Er soll die Beute aus der Wildnis in einen Lebensmittelkreislauf der modernen Zivilisation voller behördlicher Vorschriften integrieren. Dabei stehen ihm nicht viele Instrumente zur Verfügung. Handwerk und Sorgfalt haben jedoch kein Gewicht – der Bergjäger sollte sie mitbringen!
Kühlt Wildbret nach dem Erlegen nicht rasch genug ab, kann es zur stickigen Reifung kommen. Idealerweise hängt man also den aufgebrochenen Wildkörper vor dem Abtransport noch eine halbe Stunde zum Abkühlen auf. Manchmal – insbesondere bei leichter Schneelage – ist es möglich, das Wild an einer langen Leine bergab zu ziehen. Das hat aber auch gravierende Nachteile: Es kommt leicht zu Verunreinigungen der Leibeshöhle, besonders wenn sich die Beute überschlägt oder durch Laub schlittert. Muss man einen Hang länger queren, kann das Liefern zur Qual werden.
Wenn das Bergabziehen der Beute keine Option ist, stehen uns im Grunde zwei Möglichkeiten zur Auswahl, das Wild für das Austragen vorzubereiten: Aufgebrochen im Ganzen oder im zerwirkten Zustand. Ein ganzes Stück Wild zu tragen, wird man in der Regel nur bis zum schwachen Rotkalb schaffen. Entweder man fixiert dafür den Wildkörper an einer Kraxe, oder man hat einen Rucksack mit Wildtransportfach. Ein ausgewachsenes Reh hat einen Ausschlachtungsgrad von etwa 60 Prozent. Das bedeutet, dass wir beim Zerwirken 40 Prozent eines aufgebrochenen Stücks nicht verwerten. Um Gewicht zu sparen, kann man nicht verwertbare Teile gleich am Erlegungsort belassen. Bei einem 20-Kilo-Gams sind dann immerhin acht Kilogramm weniger Gewicht zu tragen!
Je nachdem, wie viel Zeit man investieren und Gewicht sparen will, kann man den Zerwirkprozess gestalten. Das Schnellste ist sicher, die beiden Keulen in der Decke von der Wirbelsäule abzutrennen und den Rücken und die Filets auszulösen. Die Blätter können ebenfalls mitsamt der Decke abgeschärft werden. Wildbret in der Decke wird separat in Säcke gepackt, um den Kontakt mit offenen Stellen des Wildbrets zu minimieren. Das Wildbret soll also „atmen“ können, aber nicht mit Keimen in Kontakt kommen. Plastiksäcke schützen zwar vor Keimen, bergen jedoch die Gefahr des Hitzestaus. Deshalb werden vor allem in Übersee sogenannte „Meat Bags“ verwendet: Ein atmungsaktives Nylongewebe schützt das Fleisch und lässt es auskühlen. Sehr empfehlenswert!
Wer sich mehr Zeit lässt, kann das Wild aus der Decke schlagen, grob zerwirken und lässt es lange genug kühlen. Verpackt in Plastiksäcken, kann man das Wildbret auch in kleineren Rucksäcken transportieren. Man sollte aber bedenken, dass man sich durch das Zerwirken in den Lagerungs- und Vermarktungsmöglichkeiten einschränken kann. Aus einer Zeit, in der Wilderei noch häufiger war, entstammt der Brauch, dass das Haupt des erlegten Wildes immer sichtbar getragen werden muss. Mit einer Kraxe ist das kein Problem, mit anderen Rucksacktypen wird das jedoch schwierig. Wer Wild zerwirkt transportiert, könnte das abgeschärfte Haupt außen am Rucksack tragen. Ob dieses Bild in der Öffentlichkeit gut ankommt, sollte man sich aber vorher überlegen.