Absuchen
All diese Methoden der vorbeugenden Vergrämung sind aber nicht 100-prozentig wirksam und ersetzen keinesfalls das zusätzliche genaue Absuchen der Wiese unmittelbar vor der Mahd. Damit beginnen wir frühestens einen Tag vor dem Mahdzeitpunkt, besser erst wenige Stunden vorher. Dazu ist absoluter Verlass auf die Informationen des Landwirtes über seinen Mahdbeginn erforderlich. Leider hat sich in den vergangenen Jahren landauf, landab aber immer wieder gezeigt, dass wir Jäger damit „im Regen stehen“. Beim Absuchen der Wiesen können wir unterschiedlich vorgehen: Sehr Erfolg versprechend ist es, abends oder morgens die Wiese zu beobachten. Sehen wir darin Ricken mit praller Spinne und bewegen sie sich fast nicht vom Fleck, stehen sie meist bei ihren Kitzen. Jetzt wissen wir ganz sicher, dass wir dort handeln müssen. Können wir uns so nicht überzeugen, bietet sich die Möglichkeit, auf unserem Rehblatter den Angstfiep oder das Angstgeschrei eines Kitzes nachzuahmen. Damit bringen wir die Ricke zum Aufstehen beziehungsweise locken sie aus der Deckung heraus. Hat sie in der Wiese Kitze abgelegt, wird sie sofort zustehen und ihre Kitze aufsuchen. Gezieltes Absuchen der Wiesen erfolgt mit dem gehorsamen Vorstehhund. Er zeigt ein abgelegtes Kitz an, ohne es greifen zu wollen. Glücklich können wir uns schätzen, wenn wir Schulklassen oder andere Helfer zur Unterstützung haben. Mit einer Menschenkette lässt sich die Wiese intensiv und systematisch absuchen. Allerdings – auch da passiert es, dass man an einem im hohen Gras abgelegten, sich drückenden Kitz vorbeiläuft. Eine wertvolle Hilfe bei der Suche sind technische Hilfsmittel mit Infrarotsensoren. Das Deutsche Luft- und Raumfahrtzentrum (DLR) in Oberpfaffenhofen bei München hat dazu einen tragbaren Wildretter entwickelt, der mithilfe von Infrarotsensoren den warmen Wildkörper in dem hohen Gras ortet. Amerikanische Geräte wie der Life-Finder arbeiten ähnlich. Allerdings muss die Suche sehr früh morgens erfolgen, weil sich mit zunehmender Erwärmung und Sonneneinstrahlung Fehler einschleichen. Das DLR will mit zusätzlichen Mikrowellensensoren die Feuchtigkeitsgehalte bestimmen, die bestehenden Geräte verbessern und vor allem so weiterentwickeln, dass sie auch an die Mähwerke angebaut werden und vom Traktor aus bedient werden können.Haben wir ein Kitz gefunden, fassen wir es bitte nur mit einem Grasbüschel oder Einmalhandschuhen an und tragen es weit genug aus der Mähfläche heraus. Nur bei dieser Vorgehensweise gefährden wir die spätere Annahme durch die Ricke nicht. Eine bewährte Lösung: Unter einem Korb oder in einer mit Gras gepolsterten Kiste abgelegt, hindern wir das Kitz, die Wiese sogleich wieder anzunehmen, bevor die Mahd beendet ist. Um das Wild zu beruhigen, decken wir die Kiste mit einem Tuch oder Jutesack ab und stellen sie an einen nahe gelegenen schattigen Platz.