Somit stehen auch Jagd und Jäger weiter vor nicht unerheblichen Herausforderungen.Sturmflächen sind aus wildbiologischer Sicht dabei kaum eine Katastrophe. Mit Ausnahme des Rotwildes, bei dem sich sturmbedingte Einstandsverluste am stärksten auswirken, kommen vor allem Reh- und Schwarzwild mit „Störungen“ im Waldgefüge meist problemlos zurecht. Selbst während der Stürme sind nur selten Wildverluste zu verzeichnen, da das Wild - scheinbar durch eine Art angeborenen „Frühwarnmechanismus“ - gefährdete Waldbestände meidet. In der Nacht, in der „Kyrill“ tobte, wurde zum Beispiel Rotwild zahlreich auf waldangrenzenden Freiflächen beobachtet.
Waldsterben: Was passiert, wenn der Wald weg ist?

Orkan „Kyrill“ entwurzelte im Januar 2007 vor allem in NRW zum Teil flächendeckend ganze Fichtenbestände. Foto: DIT
Somit stehen auch Jagd und Jäger weiter vor nicht unerheblichen Herausforderungen.Sturmflächen sind aus wildbiologischer Sicht dabei kaum eine Katastrophe. Mit Ausnahme des Rotwildes, bei dem sich sturmbedingte Einstandsverluste am stärksten auswirken, kommen vor allem Reh- und Schwarzwild mit „Störungen“ im Waldgefüge meist problemlos zurecht. Selbst während der Stürme sind nur selten Wildverluste zu verzeichnen, da das Wild - scheinbar durch eine Art angeborenen „Frühwarnmechanismus“ - gefährdete Waldbestände meidet. In der Nacht, in der „Kyrill“ tobte, wurde zum Beispiel Rotwild zahlreich auf waldangrenzenden Freiflächen beobachtet.
Konzept planen
Die rasch aufkommende Vegetation auf Sturmflächen bietet dem Wild schnell vielseitige Äsung - und Deckung! Foto: Wald & Holz NRW
Aus eigener Erfahrung ist man zunächst entsetzt, betritt man nach einem Orkan sein eigenes Revier. Liegen nicht nur ganze Waldbestände zu Boden, so haben die Windhosen oder umstürzende Bäume meist auch einen Großteil der jagdlichen Einrichtungen zerstört. Ungeachtet der existenziellen Auswirkungen für Waldbesitzer, kann ein solches Schad-ereignis jedoch auch als Chance für Wild und Natur betrachtet werden.Vollkommen unangebracht ist dabei eine zu voreilige Reaktion auf die veränderten Verhältnisse vonseiten des Revierinhabers. Dieser sollte in jedem Fall zunächst die Aufarbeitung der Windwurfflächen abwarten, eh er sich etwa zum Bau jagdlicher Einrichtungen entschließt. Denn häufig sind angrenzende Waldbestände durch den Sturm in Mitleidenschaft gezogen und fallen schon bei leichteren Böen nachfolgend zeitnah ebenfalls um.
Wechsel freihalten
Schaut man auf Orkan „Kyrill“ zurück, so hat die Aufarbeitung des geworfenen und gebrochenen Holzes zum Teil noch bis Mitte 2008 (also etwa anderthalb Jahre!) gedauert. Eine zum Teil (nötige) flächige Befahrung mit schweren Forstmaschinen und dadurch bedingte Bodenverdichtung oder örtlich notwendige Schlagraumbeseitigungen ermöglichen eine künstliche Wiederbewaldung vermutlich erst in den kommenden Jahren, wird nicht ohnehin auf eine natürliche Ansamung gesetzt.
Um nicht zu sehr auf die forstliche Behandlung dieser Flächen einzugehen, sei nur am Rande erwähnt, dass „Wildschäden“ bei flächiger Naturverjüngung weniger ins Gewicht fallen als bei Pflanzungen. Künstlich eingebrachte, ungeschützte Jungpflanzen haben dagegen häufig einen besonders schweren Stand und werden vom Wild bevorzug verbissen oder gefegt. Daher sollte zunächst eine Schwerpunktbejagung auf solchen Flächen erfolgen, auf denen teure Pflanzen (Laubholz möglichst > 120 cm) in den Boden gebracht wurden.
Vorausschauend
Bei der Anlage einer Jagdschneise, sollte diese zumindest bei zwei Windrichtungen abgesetzt werden können. Foto: CL
Falls der Jagdausübungsberechtigte nicht selbst Eigenjagdbesitzer ist, setzt eine erfolgreiche Konzeptplanung und -umsetzung vor allem ein gutes Verhältnis zu dem oder den Grundeigentümern voraus. Um die „Ruhe nach dem Sturm“ abzuwarten, empfiehlt es sich, die Planung eines Jagd- und Äsungskonzepts nicht unbedingt gleich in den ersten Tagen der Aufarbeitungszeit anzusprechen, da der Waldbesitzer verständlicherweise zunächst mit der Holzvermarktung beschäftigt sein wird.
Im Sinne eines guten Miteinanders von Pächter und Verpächter sollte des Weiteren eine Forderung zur Senkung des Pachtpreises (dazu -wurden nach „Kyrill“ erste Stimmen laut) mehr als gut überdacht werden: Denn zum einen hat der Grundeigentümer das Sturmereignis nicht verursacht, zum anderen wird - bei guter Vorausplanung - der Jagdwert des Reviers (zumindest über zwei oder mehrere Pachtperioden) in der Regel ansteigen oder zumindest nicht verringert.
Sind also die Rahmenbedingungen gegeben, kann mit der Revierplanung begonnen werden. Diese bezieht sich insbesondere auf die Zeit nach dem Dickungsschluss, wenn die Jagd durch zu viel Deckung Schwierigkeiten bereitet. Vor diesem Zeitpunkt wird sich die Bejagung auf den äsungsreichen Freiflächen in der Regel verhältnismäßig problemlos gestalten. Abzuraten ist jedoch auch davon, geräumte Windwurfflächen sofort mit zahlreichen Kanzeln und Leitern zu „umzingeln“. Je größer solche Schadflächen sind, desto größer ist selbstverständlich auch die Lebensraumveränderung für das Wild. Große Freiflächen nutzt dieses nicht immer komplett und bevorzugt zum Beispiel windgeschützte Bereiche und solche Orte, an denen es die attraktivste Äsung findet. Hier hat sich zunächst (ähnlich wie in Feldrevieren) der Einsatz von mobilen Leitern am Rand dieser Flächen bewährt. Stellt sich der ausgewählte Platz als „fängisch“ heraus, kann dort jederzeit eine feste Ansitzeinrichtung erbaut werden.
Schussschneisen
Der Krähenfuß bietet eine ideale Möglichkeit, die Fläche einzusehen. Dabei kann der Jäger, ohne sich zu bewegen, meist alle drei Schneisen beobachten. Foto: CL
Schussschneisen können dabei entweder von vornherein freigelassen oder erst später in die Dickungen (Oberhöhe ca. 5 m) hineingelegt werden. Dies kann bei der ersten Läuterung oder durch große Forstmulcher geschehen. Im Idealfall stellen die Schussschneisen sogar einen Teil des Feinerschließungssystems (Rückegassen) zur späteren Holzbringung auf der Fläche dar.
Ausreichend Äsung
Daueräsungsflächen werden zweckmäßigerweise so angelegt, dass diese vom Wild auch über Tag aufgesucht werden können. Um nicht unnötig Spaziergänger „anzulocken“, sollte eine direkte Sicht auf die Fläche vom Weg aus vermieden werden. Foto: CL
Wo Wald großflächig durch Sturm geworfen wurde, empfiehlt sich die frühzeitige Einplanung und Anlage von langfristigen Äsungsflächen im Umfang von etwa drei Prozent der Holzbodenfläche. Etwa weitere sieben bis acht Prozent sollten als sonstige Freiflächen (Ausweichäsung, Brunftplätze) zur Verfügung stehen. Bei Daueräsungsflächen ist eine Größe von etwa 0,2 bis 0,3 Hektar günstig. Kaltluftlagen, Nebel- und Raureifgrenzen und Orte, an denen es häufig zu Nebelbildung kommt oder sich Schnee und Eis lange halten, sind als Äsungsflächen generell nicht geeignet. Bei angepassten (Rot-) Wilddichten genügt eine Einsaat mit Klee- und Kräutermischungen. Eine Aufkalkung dieser Flächen auf pH 5 sowie eine Grunddüngung kann notwendig sein. Äsungsflächen sollten des Weiteren abseits der Wanderwege angelegt werden und dem Wild einen Zugang auch über Tag ermöglichen. Somit ist die Nutzung von Rändern an Forstwegen als Äsungsfläche nur bedingt zu empfehlen. Für die äsungsarme Zeit nach dem Dickungsschluss sollten die verbliebenen Altholzbestände von forstlicher Seite, wo möglich, durch Auflichten des Kronendachs äsungsreich gestaltet worden sein.
Eine weitere förderliche Maßnahme zur Äsungsverbesserung ist die sogenannte Stecklingsvermehrung, bei der daumendicke 30 Zentimeter lange Weidenstecklinge (mit einer Gartenschere schräg abgeschnitten) zu zwei Drittel (Pflanzverband etwa 0,6 x 0,2 m) in den Boden eingebracht werden. Ein vorheriges Mulchen und Grubbern ist bei größeren Flächen vorteilhaft, ebenso eine Startdüngung mit einem Volldünger.
Auch wenn das Aufkommen von Ginster auf den meisten Windwurfflächen natürlich geschieht, kann unter Umständen mit einer Aussaat (3 g/m2) im Erstfrühling (April/Mai) nachgeholfen werden. Das Saatgut muss jedoch zuvor für fünf Sekunden in Baumwollsäckchen in kochendes Wasser getaucht werden.
Jagdruhezonen
Kann das Wild nicht auf der ersten Schneise beschossen werden, ergibt sich vielleicht auf der nächsten eine Gelegenheit. Foto: DIT
Die Jagd in Revieren mit flächigen Windwürfen wird sich, wie eingangs erwähnt, in den ersten Jahren, sobald sich eine üppige und für das Wild attraktive Vegetation eingestellt hat, zunächst relativ einfach gestalten. Dies gilt allerdings nur so lange, bis der Pflanzenwuchs so weit fortgeschritten ist, dass er Reh und Rothirsch sprichwörtlich verschlingt. Vor dem Dickungsschluss sollte die Bejagung verschärft und der Wildbestand der veränderten Situation (soweit möglich) angepasst werden, da spätestens zu diesem Zeitpunkt die vorher so üppige Äsung schlagartig abgenommen hat oder sogar fast gänzlich verschwunden ist. Ebenfalls zu diesem Zeitpunkt sollte das geplante Jagd- und Äsungsflächenkonzept bereits umgesetzt worden sein, um erhebliche Wildschäden erst gar nicht entstehen zu lassen.
Die folgende jagdliche Behandlung sturmgeschädigter Reviere muss stark den örtlichen Verhältnissen angepasst werden. Gerade dort, wo großflächig Wälder geworfen wurden und nun riesige, kaum unterbrochene Dickungen gewachsen sind, wird der Ansitzjagd die weitaus größte Bedeutung zukommen.
Hoher Aufwand
Mit einem Forstmulcher können noch vor dem Dickungsstadium Schussschneisen in die Sturmflächen gelegt werden. Foto: M. Meyer
Neben Drückjagden (ggf. Kreisen bei Neuschnee) wird die Kirrungsjagd einen unverzichtbaren Bestandteil zur Regulation der Sauen in den betroffenen Revieren darstellen. Kirrungen sollten dabei aber nicht direkt inmitten oder am Rand der Einstände platziert werden, da ein (meist tägliches) Beschicken dieser Stellen eine Störung verursacht, welche oft die Sauen dazu bewegt, ruhigere Orte aufzusuchen. Nicht zuletzt die Schussabgabe im „Sauen-schlafzimmer“ wird selbst dem unerfahrensten Frischling signalisieren, dass dieser Ort über Tag kein sicheres Plätzchen darstellt.
DIT