
Hartwig Fischer: Die Berliner Forsten und Saarforst haben bedauerlicherweise bereits auf bleifreie Munition umgestellt. Der DJV hat sofort nach Bekanntwerden dieses Umstandes reagiert und mit dem BMELV Kontakt aufgenommen. In der Folge konnte verhindert werden, dass die Bundesforsten bleifreie Munition vorschreiben. Der DJV hat in jüngster Zeit wiederholt darauf hingewiesen – in persönlichen Gesprächen mit Politikern und in Meldungen – dass Jagdmunition unabhängig vom Geschossmaterial folgende Anforderungen erfüllen muss: tierschutzgerechte Tötungswirkung – auch bei Entfernungen über 100 Meter und bei schwerem Wild, toxikologische Unbedenklichkeit für Mensch, Tier und Umwelt sowie Sicherheit bei der Jagd. Wir sind ergebnisoffen und werden diese Forderungen auch weiterhin vehement in die Diskussion um Munition einbringen – etwa bei der anstehenden Agrarministerkonferenz Ende Oktober und bei der kurzfristig anberaumten BfR-Tagung zu Bleimunition Anfang November. Wir sind entschieden gegen Aktionismus in Sachen Jagdmunition und sind vielmehr an Fakten interessiert. Wir sind deshalb weiterhin der Meinung, dass erst nach Abschluss aller Untersuchungen, die 2009 in einer gemeinsamen Erklärung von DJV, ÖJV, Nabu und anderen Organisationen gefordert wurden, Entscheidungen getroffen werden sollten.
Hartwig Fischer: Hier geht es nicht um Parteibücher, sondern um Verbraucherschutz. Wir Jäger können mit Wildbret in der Öffentlichkeit nur punkten, wenn es weiterhin als gesundes, hochwertiges Lebensmittel wahrgenommen wird und ein solches auch ist! Unsere Imagebefragung zeigt ganz deutlich, dass über gesundes Wildbret die Sympathie für die Jagd gesteigert wird. Wir nehmen die Warnungen des BfR hinsichtlich Bleimunition gemäß dem Vorsorgeprinzip sehr ernst – ohne zu versäumen, diese kritisch zu hinterfragen. Die entsprechende Stellungnahme des BfR zur Meldung vom September datiert beispielsweise auf Dezember 2010. Wie akut ist das Risiko durch Bleimunition also wirklich, wenn zwischen Erkenntnis und Veröffentlichung 10 Monate liegen?
Dass gelöstes Blei im menschlichen Organismus schädlich ist, darüber besteht kein Zweifel. Vielmehr stellt sich die Frage, welche Rolle Munition dabei spielt. Das BfR stellt seine Warnungen zu Bleimunition selbst in Frage, indem es einschränkt, die Datengrundlage sei „unzureichend“. Auf diese handwerklichen Fehler machen wir bei jeder Gelegenheit aufmerksam und verlangen eine ergebnisoffene und wissenschaftlich fundiert Neubewertung von Jagdmunition – und zwar für bleihaltige und bleifreie.
Für bedenklich halte ich allerdings die BfR-Aussage, dass die Blei-Grundbelastung in der Bevölkerung über Gemüse, Getreide oder Getränke bereits so hoch sei, dass theoretisch Nierenschädigungen auftreten können. Soll jetzt also über Bleimunition eine Scheinlösung gefunden werden, um die Gemüter zu beruhigen?
Mit unserer Fragebogenaktion wollen wir die Datengrundlage verbessern, um im Interesse der Jäger für eine faire Lösung zu kämpfen. Wie bewerten Jäger in Deutschland ihre Munition? Was ist ihnen dabei wichtig und welche Erfahrungen machen sie? Oder wie viel Wild essen sie überhaupt? Über den Fragebogen können wir jetzt erstmals Fakten in die Diskussion einbringen – im Sinne der Jäger. Beispielsweise sind für das BfR Wildbret-Vielverzehrer eine Risikogruppe. Diese Warnung beruht jedoch auf theoretisch angenommenen Werten. Innerhalb von 3 Wochen haben schon mehr als 1.000 Jäger an unserer Umfrage teilgenommen und liefern wertvolle Daten. Über die Hälfte ist bereit, an weiterführenden Vielverzehrer-Studien teilzunehmen.
Hartwig Fischer: Genau das wollen wir verhindern, indem wir die Erfahrung und Position der Jäger in die politische Diskussion einbringen. Und deshalb ist es wichtig, dass möglichst viele Jäger an der DJV-Umfrage zu Jagdmunition teilnehmen. Mit der DJV-Umfrage füllen wir Wissenslücken. Nur wenn wir uns zu Wort melden, haben wir die Chance, die politische Entscheidungsfindung zu beeinflussen.
Hartwig Fischer: Der DEVA liegen erste Erkenntnisse zu Ablagerungen im Büchsenlauf bei verschiedenen Munitionsarten vor. Gravierende Beeinträchtigungen durch bleifreie Büchsenmunition sind uns derzeit nicht bekannt.
Hartwig Fischer: Der Anstieg der Seeadlerpopulation in Deutschland ist erfreulich und hat dazu geführt, dass diese Art 2008 von der Roten Liste genommen wurde. Dies ist auch ein Erfolg der Jäger, die mit speziellen Seeadlerschutzprojekten und zahlreichen Biotopschutzmaßnahmen in der Fläche maßgeblich Artenschutz betreiben. Wir appellieren an Jäger, auch weiterhin in Seeadlergebieten den Aufbruch so zu entsorgen, dass er für Greifvögel nicht zugänglich ist. Dazu verpflichtet uns der Tierschutz und die ethische Verantwortung. Denn Bleifragmente können von der aggressiven Magensäure des Seeadlers aufgelöst werden und verursachen Vergiftungen.Ethischer Anspruch eines jeden Tierarztes sollte es übrigens sein, todkranke Tiere möglichst schnell von ihrem Leiden zu erlösen. Ein sterbender Seeadler darf keineswegs instrumentalisiert werden – weder von Tierärzten noch von den Medien! Die vorurteilsfreie, wissenschaftliche Untersuchung der Todesursache muss natürlich möglich sein. Der persönliche Ärger über die Berichterstattung im NDR ist mehr als verständlich. Hier ist jeder – ob Jäger oder Nichtjäger – gefragt, mögliche Verstöße gegen das Tierschutzgesetz anzuprangern. Etwa in Form einer Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft. Allerdings halten wir in diesem konkreten Fall eine Anzeige für wenig aussichtsreich.Für Erfolg versprechend halten wir den Protest beim NDR! Die Programmmacher müssen erfahren, wie ihre Sendung beim Publikum ankommt. Je mehr Menschen sich zu Wort melden, desto besser! Meine Bitte an die Jäger in Deutschland ist: Vernetzen Sie sich und geben Sie der Jagd eine Stimme. Viele Stimmen von unterschiedlichsten Menschen sind einfach wirkungsvoller als die eines einzelnen Verbandes!