Selbstversuch Jagd in Namibia: seltener Hegeabschuss (Teil XI)
von
Lasse Weicht
am
23.11.2017
Nachdem der Jagdgast erfolgreich einen Kudu-Bullen erlegen konnte, soll es auf den Heimweg gehen. Doch dieser hält eine weitere Überraschung bereit.
Mit dem Kudu-Bullen auf der Ladefläche des Pick-Ups geht es nun zufrieden auf den Heimweg. Doch schon nach der nächsten Kurve fällt uns ein schwarzer Schatten unter einem Busch auf. Ein Weißschwanzgnu liegt dort gänzlich alleine. Wir sind alle verwundert, denn die Tiere sind extrem standorttreu und so sieht man sie in diesem Teil des Revieres eigentlich nie. Zudem kommen sie immer in kleinen Herden und treten äußerst selten alleine auf. Da aber das Weißschwanzgnu das eigentliche Ziel der Jagdreise unseres Gastes war, wagt er gemeinsam mit dem Jagdführer einen Pirschgang. Keine Stunde nachdem er seinen starken Kudu-Bullen strecken konnte. (Wir berichteten in Teil X)
Wieder wenden wir die gleiche Taktik an, wie bereits eine Stunde zuvor. Die Jäger springen ab, wir fahren mit dem Geländewagen gemächlich weiter. Keine Zehn Minuten später hallt der Knall der 9,3x72R aus dem Drilling des Jagdgastes durch die Berge. Per Funk kriegen wir die Anweisung, das Auto möglichst nah an die Stelle zu bringen, wo wir das Gnu entdeckt hatten. Es scheint also alles gepasst zu haben?!
Vor Ort finden wir einen glücklichen Jagdgast und einen umso glücklicheren Jagdführer. Doch am Boden liegt eine Kuh anstelle des vermeintlichen Bullen. Ausgiebig erzählen mir die erfolgreichen Jäger, wie sie sich dem Weißschwanzgnu genähert haben. Nachdem das Stück die Jäger entdeckt hat, wollte das Gnu abspringen, sackte aber bereits nach 50 Metern wieder zusammen. Schnell war klar, dass das Stück schwer krank ist. Also war ein Hegeabschuss dringend notwendig. Der Schuss brach sobald das Stück wieder hochmachen wollte und traf die kranke Kuh spitz von vorne.
Am Stück zeigten sich extreme Liegeschwielen an allen Gelenken der Läufe, die von der Trägheit des Stückes zeugten. Auch die Rippen konnte man Stück für Stück abzählen. Der Blick in den Äser löste schließlich das Rätsel: Die Kuh war uralt, ihre Schneidezähne bereits tiefer geschliffen als das Zahnfleisch darum.
Exotischer Anblick - Rosenköpfchen kommen üblicherweise in größeren Scharen vor. Dieser zeigte sich alleine.
Ein echter Hegeabschuss also. Wäre die Kuh nicht in den nächsten Tagen von einem Leoparden, einer Hyäne oder von Schakalen getötet worden, wäre sie wohl bald verhungert.
Am Abend gibt es nach dem Essen (unglaublich zarte Filets vom Kudu und Oryx) neben einem kurzen Umtrunk noch die Jagdgeschichte zu hören. Da der Jagdgast durch und durch Waidmann ist, freut er sich natürlich neben der Erlegung seines „Traumwildes“, für das er eigentlich in die 300 Kilometer entfernte Kalahari hätte fahren müssen, am meisten darüber den Hegeabschuss getätigt und dem Wild weitere Qualen erspart zu haben.
Alt wird heute jedoch niemand am Tresen, denn die wenigen Jagdtage in Namibia wollen wohl alle in bester Form genießen.