3 Monate, 3 Wochen und 3 Tage nach der Rausche ist die Zeit des Frischens gekommen. In Abhängigkeit vom Zeitpunkt der Aufnahme schwankt die Geburt der neuen Frischlingsgeneration in der Regel zwischen Februar und Mai. Während zwischen den einzelnen Rotten erhebliche Unterschiede im Frischzeitpunkt liegen, besteht innerhalb der Rotte ein gewisses Maß an Synchronität. Bereits Meynhardt stellte in seinen beeindruckenden Schwarzwildbeobachtungen fest, dass die Geburten der einzelnen Bachen nicht selten nur wenige Tage auseinanderlagen. Verlässt die Leitbache die Rotte, dann wird der Familienverband von der jeweils nächstrangigen Bache geführt. Die hochträchtigen Bachen trennen sich jeweils erst unmittelbar vor der Geburt vom Verband. Die Frischlinge aus dem vergangenen Jahr werden dann nicht mehr in der Nähe geduldet und konsequent auf Distanz gehalten. In dieser Zeit kann man im Revier Familienverbände antreffen, in denen die größeren Bachen fehlen. Die verbleibenden Mitglieder ziehen unbedarfter durch die Bestände, wobei sie ihr angestammtes Streifgebiet nicht verlassen.
In Abhängigkeit von den Witterungsbedingungen bleiben die Bachen bis zu drei Wochen mit den Neugeborenen allein, um sich danach jedoch wieder mit den anderen Rottenmitgliedern zusammenzufinden.
Während die weiblichen Frischlinge aus dem Vorjahr im Verband verbleiben dürfen, ist im Frühjahr für männlichen Nachwuchs die Zeit gekommen, die Rotte endgültig zu verlassen. Obwohl die Abwanderungsdistanzen des Schwarzwildes nachweislich einige hundert Kilometer betragen können, entfernen sich die meisten Überläufer nur unwesentlich vom Streifgebiet. In der Zeit, in der sich die Überläufer von den Rotten lösen, sind sie zum ersten Mal ohne mütterliche Führung, was sie unvorsichtig macht. Konstantin Börner