Tathandlungen des § 292 Abs. 1 Satz 1 StGB sind das Nachstellen, Fangen, Erlegen oder, nicht und, das sich oder einem Dritten Zueignen von Wild. Doch zunächst einmal zu den recht eindeutigen Punkten Fangen und Erlegen.
- Fangen ist das Sichbemächtigen eines lebenden Tieres. Verwirklicht zum Beispiel, wenn in wohltätiger Absicht verletztes Wild nur vorübergehend aufgenommen wird, um es gesund zu pflegen. Solche Maßnahmen müssen dem Jagdausübungsberechtigten überlassen werden, es sei denn, man handele im Rahmen des § 36 Abs. 2 Nr. 2 BJagdG, der eine Ermächtigung an den Landesgesetzgeber enthält, Regelungen zur Aufnahme, Pflege und Aufzucht verletzten und kranken Wildes in der Weise zu treffen, dass die Aufzucht gestattet ist. Die Zueignung ist nicht erforderlich, ist diese doch als eigene Tatvariante neben das Fangen gestellt. Zur Tatbestandsmäßigkeit genügt, wenn der Täter das gefangene Wild nur vorübergehend in seinem Gewahrsam behalten will, um es hernach wieder freizulassen.
Grundsätzlich: Der Wilderer wird gemäß § 958 Abs. 2 BGB nicht Eigentümer der gewilderten Sache. Sich oder einem Dritten zueignen i. S. d. § 292 StGB bedeutet daher nur die Anmaßung von Eigenbesitz (i.S.v. § 872 BGB). - Erlegen heißt Töten, egal, ob waidmännisch oder nicht waidmännisch. Auch hier ist Zueignungsabsicht nicht vorausgesetzt.
Strittig ist, ob die gute Absicht des Täters, krankgeschossenes oder schwer krankes Wild von seinen Qualen zu erlösen, die Strafbarkeit ausschließt. Weil am Verludern schwer geschädigten Wildes weder unter dem Aspekt des Aneignungsrechts noch unter dem Aspekt der Wildökologie irgendein vernünftiges rechtsgutsbezogenes Interesse bestehen kann, fehlt es in diesen Fällen ab ovo an jeder Strafwürdigkeit. Am einfachsten wird dies durch die restriktive Interpretation zur Geltung gebracht, dass unter 'Erlegen' nur die Tötung nicht bereits vorher todgeweihten Wildes verstanden wird. Es kommt dann weder auf die komplizierte Interpretation der außerordentlich verwickelten Regelungen über die Wildfolge noch auf eine Rechtfertigung durch rechtfertigenden Notstand oder mutmaßliche Einwilligung an.
Rechtspflichten von am fraglichen Ort nicht Jagdausübungsberechtigten zur Verhinderung vermeidbarer Schmerzen des Wildes bestehen nur insoweit, als eine Reihe von Landesjagdgesetzen jedermann, der Gewahrsam an lebendem oder verendetem Wild erlangt hat, so nicht zuletzt den Kraftfahrer, der Wild angefahren hat, dazu verpflichtet, dies dem Jagdausübungsberechtigten, der nächsten Gemeindeverwaltung oder der Polizeidienststelle anzuzeigen und ihnen das Wild abzuliefern. In Rheinland Pfalz (§ 2 Abs. 2 LJG) ist diese Pflicht gar jedermann auferlegt, der bewegungsunfähiges Schalenwild in der Natur wahrnimmt.
Die Rechtsprechung tut sich schwer, denjenigen, der über die Grenzen der schriftlich vereinbarten Wildfolge hinaus Wild in Notfallsituationen von seinen Qualen erlöst, von dem Tatbestand der Jagdwilderei auszunehmen. Insbesondere den Kraftfahrer verweist es auf seine bußgeldbewehrte Anzeige- und Ablieferungspflicht nach den Landesjagdgesetzen. Das Erlegen, auch wenn damit ausschließlich die Absicht verfolgt wird, dem Wild vermeidbare Schmerzen zu ersparen, sieht sie objektiv tatbestandsmäßig als Verletzung fremden Jagdausübungsrechts und damit als Wildereihandlung an.