Es ist früh am Morgen. Karim Abassi klingelt bei Wildmeister Peter Markett im westfälischen Hamm. Der Davert Hochwildring ist eine von drei Stationen seiner Verbundausbildung. Der Berufsjägerverband erprobt dieses Modell, um auf neue Herausforderungen mit einer fundierten Ausbildung zu reagieren. Bevor es raus in die Praxis geht, zeigt der Ausbildungsleiter dem Azubi Luftbilder von Wildschäden im Mais, die er mit einer Drohne aufgenommen hat. Die Schadflächen werden heute erneut kontrolliert.
Fliesenleger, Falkner, Berufsjäger – ein Werdegang

"Natürlich esse ich Schweinefleisch"
Mit dem Zerwirken von Wild hat Karim Abassi (links) bereits viel Erfahrung. Auch wenn sein Name es nicht vermuten lässt: Karim Abassi ist in Deutschland aufgewachsen und jagt mit viel Passion auf Schwarzwild, das er natürlich auch zubereitet und ißt. W
Während es draußen noch regnet, geht es in die Wildkammer. Eine der ureigensten Aufgaben des Berufsjägers ist die Versorgung und Vermarktung von Wild. Darin ist Karim schon gut geübt. Seit 2005 hat er seinen Jagdschein, liebt die Falknerei und jagt besonders gern auf Schwarzwild. »Wenn jemand meinen Namen hört, denkt er sicher nicht, dass ich Berufsjäger werden möchte. Dabei ist es ganz einfach: Mein Vater stammt aus Tunesien, hat in Deutschland studiert und dort meine Mutter kennengelernt. Ich bin hier aufgewachsen, habe große Freude an der Jagd und ja, ich esse natürlich auch Schweinefleisch«, erzählt er.
Das erste Jahr war sehr anstrengend
»Nach der Schule habe ich zuerst eine Ausbildung zum Fliesenleger absolviert, bin dann im Jahr 2004 nach Irland gegangen, habe in der Greifvogelvorführung und der Falknerei gearbeitet. 2006 kam ich zurück nach Deutschland und habe mich als Falkner und Stadtjäger selbstständig gemacht. (…) Es war eine tolle Zeit. Doch nachdem Umweltminister Johannes Remmel die Fangjagd in NRW eingeschränkt und die Jagd auf Möwen verboten hat, habe ich nach neuen Tätigkeitsfeldern gesucht und bin mit Wildmeister Hermann Wolff ins Gespräch gekommen. So begann mein Weg ins Leben des Berufsjägers.
Das erste Ausbildungsjahr war sehr anstrengend. Von Montag bis Freitag habe ich die Schulbank gedrückt, Freitag- und Samstagnacht habe ich weiter als Falkner in den städtischen Bereichen gearbeitet, um mir die Ausbildung zu finanzieren. Während des ersten Jahres in der Berufsfachschule gibt es noch keine Ausbildungsvergütung. Meine Frau hat mich in dieser Zeit unterstützt, sie hat die Miete, Krankenversicherung und den Lebensunterhalt übernommen, sonst hätte ich in meinem Alter das schulische Ausbildungsjahr finanziell nicht überbrücken können.«
Zurück ins Revier
Mit einer handelsüblichen Kameradrohne überfliegt Wildmeister Peter Markett (rechts) einen großen Maisschlag. So können die Wildschäden per Foto erfasst und später auf die Flurkarte maßstabsgetreu übernommen werden.
Als der Regen und der starke Wind etwas nachlassen, packen Ausbilder und Azubi die Drohne ein und fahren raus ins Revier. Viele Maisschläge stehen im späten September noch. Mit der Drohne gelingt es sehr gut, die Schäden zu lokalisieren und in die Flurkarte zu übernehmen. Damit wird der Wildschaden berechnet. "Diese neue Technik bietet eine große Arbeitserleichterung. Der Umgang mit den technischen Möglichkeiten ist ebenfalls ein wichtiges Merkmal in der Ausbildung", betont Wildmeister Peter Markett. "Die Aufgaben eines Berufsjägers sind in der heutigen Zeit anders als noch vor zwanzig Jahren. Damals gehörten Hochsitzbau, Fütterung, Kirrung oder Bestätigen des Wildes und die Führung von Jagdgästen zu den Hauptaufgaben eines Berufsjägers." Heute stehe ebenso die jagdliche Öffentlichkeitsarbeit im Vordergrund.

Das Prädatorenmanagement auf Hegeringebene könnte später eine wichtige Aufgabe von Karim Abassi sein. Deshalb gehört die Fallenkontrolle und die Reinigung des Fuchs-Passes zu seinen regelmäßigen Aufgaben während der Verbundausbildung.
Prädatorenmanagement
"Eine wichtige Aufgabe des Berufsjägers der Zukunft wird auch das Niederwildmonitoring und das Prädationsmanagement auf Hegeringebene sein. Wir sehen uns dabei als Dienstleister und arbeiten Hand in Hand mit den Jägern. Es ist ähnlich wie bei der Feuerwehr: Die Berufsfeuerwehr unterstützt die freiwillige – da sehe ich keine Interessenskollision."
"Eine wichtige und hocheffektive Methode des Artenschutzes ist die Jagd auf Prädatoren. Mit modernen Systemen und elektronischen Fangmeldern können wir die Fallen ständig überwachen."
Währenddessen kontrolliert Karim Abassi den Köder einer Betonrohrfalle und entfernt Laub und Äste vom Fuchs-Pass nach dem alten Sprichwort "Glatter Gang, glatter Fang."
Drei Stationen in der Ausbildung
Über eine Handy-App können die aufgestellten Fallen kontrolliert werden. Der digitale Fallenmelder zeigt dabei den aktuellen Status genau an. Heute hat keine Falle „zugeschnappt“.
Als nächste Station wird der Berufsjäger-Azubi in der Geschäftsstelle des BDB in Dorsten die betrieblichen und organisatorischen Abläufe kennenlernen und sich in der Ausbildung von Jagdgebrauchshunden engagieren. Als Lehrrevier steht dort das Revier Üfter Mark des Regionalverbandes Ruhr zur Verfügung.
Die dritte Station im Rahmen der Verbundausbildung ist im rheinland-pfälzischen Hontheim. Dort bringt Wildmeister Bernd Bahr, Vorsitzender der Rotwild-Hegegemeinschaft Cochem-Kondel, seine Kenntnisse zum Thema großräumige Hochwildbewirtschaftung ein.
Doch auch seine familiären Verpflichtungen darf Karim Abassi nicht vernachlässigen. Er ist vor wenigen Wochen Vater geworden und der Nachwuchs macht ihm viel Freude.
Karim Abassi hat eine eigene Facebookseite eingerichtet und dokumentiert dort seine Berufsausbildung: https://www.facebook.com/berufsjaegerazubi/
Wildmeister Hermann Wolff
Warum bietet der BDB erstmalig eine Ausbildung mit dem neuen Verbundmodell an?
Wolff: Der BDB hält es für zeitgemäß, ein Ausbildungsmodell zu schaffen, das an die gestiegenen Anforderungen angepasst wird. Der bisherige Ausbildungsrahmenplan deckt die vielfältigen neuen Arbeitsfelder nicht umfänglich ab. Wir möchten die jungen Kollegen fit machen für die Zukunft und damit eine stabile Basis für die nächsten Jahrzehnte schaffen.
Welche Aufgabenfelder deckt die neue Verbundausbildung ab?
Wolff: Neben den klassischen Ausbildungsinhalten sind heute insbesondere die revierübergreifende Bewirtschaftung (Hegegemeinschaften), die Biotopgestaltung und -pflege und das Prädatorenmanagement wichtig. Dazu gehört beispielsweise die Fangjagd, um Bodenbrüter zu schützen. Der Berufsjäger der Zukunft wird als Dienstleister auf großer Fläche Wildtiere in ihren Lebensräumen schützen und diese nachhaltig nutzen. Weiterhin möchten wir uns auf das Thema Wild- und Umweltpädagogik auch in urbanen Bereichen, wo immer mehr Wildtiere einziehen, fokussieren und die jagdliche Öffentlichkeitsarbeit im Rahmen der Ausbildung vermitteln.
Welche neuen Betätigungsfelder sehen Sie für den Berufsjäger der Zukunft?
Wolff: In Rheinland-Pfalz ist die Mitgliedschaft in einer Hegegemeinschaft bereits gesetzlich verpflichtend. Die hauptamtlich tätigen Geschäftsführer sollten Berufsjäger sein. Andere Bundesländer werden diesem Beispiel folgen, da eine Wildbewirtschaftung auf großer Fläche stattfinden sollte. Berufsjäger mit einer fundierten Ausbildung können den Jägerschaften als Dienstleister zur Verfügung stehen. Die Politik tendiert eindeutig in diese Richtung, weil man eine Umsetzung der Aktivitäten auch auf größerer Fläche sicherstellen möchte. Der Berufsjäger soll den Jägern mit Rat und Tat zur Verfügung stehen.
Werden in Zukunft dann mehr Berufsjäger benötigt und für wen ist dieser Beruf besonders interessant?
Wolff: Die neuen Aufgabenfelder werden den bestehenden Trend zum zunehmenden Einsatz von Berufsjägern als den jagdlichen Profis verstärken. Das Handwerk des Berufsjägers kann jeder erlernen, der körperlich fit ist und Interesse am Jagd- und Wildtiermanagement hat. Der Beruf bietet jungen Leuten bis Mitte 30 eine gute Perspektive. Der Jagdschein ist dafür obligatorisch, eine vorherige Berufsausbildung im handwerklichen Bereich ist grundsätzlich von Vorteil.