Bei einer erlegten Rehgeiß waren an der Außenseite des Pansens dunkle „Dellen“ zu sehen. Wie kommen diese zustande und was bedeutet das?
Auffälliger Pansen bei einer Geiß – Frag den Tierarzt


Wie die Jägerin berichtet, hatte die alte Rehgeiß nur 10 kg (aufgebrochen), und die Schalen waren ausgewachsen. Sie zeigte aber ein normales Verhalten. Die Geiß hatte zwar keinen Durchfall, aber am erlegten Stück konnte man beobachten, dass ihr aus dem Waidloch grüne Flüssigkeit heraustropfte. Beim Aufbrechen waren auf der Außenseite des Pansens dunkle „Dellen“ zu sehen. Zudem war der Pansen durch Auswaschen nicht mehr richtig sauber zu bekommen, und die Zotten waren miteinander „verklebt“. Der Panseninhalt war unauffällig.
Aufgrund der abgebildeten Veränderungen drängt sich der Verdacht einer chronischen Pansenübersäuerung (Pansenazidose) auf. Diese muss nicht direkt an einer Rehfütterung geschehen, sondern kann auch durch Aufnahme von z.B. Mais an Sauenkirrungen oder durch Ernterückstände ausgelöst werden. Die Pansenübersäuerung ist die häufigste und auch gefährlichste fütterungsbedingte Erkrankung von Wildwiederkäuern. Sie entsteht nach Fütterung von leicht verdaulichen, stärkereichen, zu kurzen, nicht strukturierten oder gemahlenen Futtermitteln, wie Getreide, Getreideschrot, Mais, Mühlen- und Bäckereiabfällen.
Die Pansenzotten waren bei der alten Geiß teilweise verklebt.
Weil diese Futtermittel zumeist auch sehr gerne und in großen Mengen aufgenommen werden, wird die Aufnahme von strukturwirksamen Futtermitteln zurückgedrängt. Somit kommt es durch den Rohfasermangel zu einer reduzierten Wiederkautätigkeit und zugleich durch den sehr raschen Stärkeabbau zur Ansammlung großer Mengen freier Fettsäuren im Pansen, insbesondere von Milchsäure. Durch die Säurewirkung (Absinken des pH-Wertes) werden die Pansenmikroben und damit das gesamte Pansenmilieu schwer geschädigt. Es kommt zu massiven Entzündungen der Pansenschleimhaut. Die akute Azidose verläuft in der Regel tödlich.
Folgen der chronischen Form der Pansenübersäuerung sind: Verhornungen und Entzündungen der Pansenschleimhaut, Verklumpung der Pansenzotten, Leberabszesse, verminderte Infektionsabwehr, Nierenschäden, Mineralstoffwechselstörungen, Kalziummangel, chronische Schalen- und Gliedmaßenschäden, unregelmäßige Futteraufnahme, chronische Abmagerung und Durchfall bzw. weicher Kot.
Die Mineralstoffwechselstörungen sind auch verantwortlich dafür, dass Rehböcke mit chronischer Pansenübersäuerung ein schwächeres Geweih schieben als moderat oder nicht gefütterte Böcke, weil im Zuge einer Hypokalzämie weniger Kalzium im Blut enthalten ist und dieser Kalziummangel das Geweihwachstum negativ beeinflusst.
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