PIRSCH: Sie waren schon immer bekannt als Sprecher und Experte für die Entwicklung des ländlichen Raums in Bayern. Warum wurde es also nicht das Landwirtschaftsministerium? War das Wahlergebnis zu gut?
Hubert Aiwanger: Ich habe mir diese Entscheidung nicht leicht gemacht, und ich wäre sicher auch gerne Landwirtschaftsminister mit direkter Zuständigkeit für die Jagd geworden. Doch politstrategisch ist der Hebel des Wirtschaftsministers größer. Trotzdem nehme ich mir aber auch als Wirtschaftsminister, stellvertretender Ministerpräsident und Vorsitzender der Freien Wähler heraus, mich zu Themen der Jagd zu äußern. Und auch im Wirtschaftsministerium kann ich einiges für die Jagd tun: Vermarktung von Wildbret, technische Aspekte wie Drohnen zur Kitzrettung, weniger Flächenfraß, schonender Tourismus. So habe ich z.B. vor, die Gams als Tourismusfaktor zu etablieren und nicht nur zum Knospenfresser abwerten zu lassen.
PIRSCH: Stichwort Flächenfraß: Sie haben in der Vergangenheit diesbezüglich stark auf Freiwilligkeit gesetzt. Wie wollen Sie jetzt als Minister den Spagat zwischen Freiwilligkeit und Regulation schaffen?
Hubert Aiwanger: Einerseits muss man den Flächenverbrauch reduzieren. Andererseits muss ich Wirtschaftswachstum anstreben und auch zulassen. Das muss aber mit Sinn und Verstand gemacht werden. Gerade die erneuerbaren Energien wie Photovoltaikflächen kann man auch als Chance für das Niederwild sehen. Im Bereich Biogas könnten mehr Blühflächen umgesetzt werden: Mit einem größeren Anteil an Durchwachsener Silphie, die ja auch für die Biogasanlage bestens nutzbar ist.
PIRSCH: Sie haben schon des Öfteren die notwendige Versöhnung zwischen Jagd und Landwirtschaft angesprochen. Wie wollen Sie diese einleiten?
Hubert Aiwanger: Auf der unteren Ebene besteht meist traditionell ein gutes Verhältnis. Der durchschnittliche Jagdgenosse kann sehr gut mit dem durchschnittlichen Jagdpächter. Es ist eher ein Gefecht der Fürsten auf Verbands-Funktionärsebene. Das muss man also richtig gewichten. Beiden Parteien muss bewusst sein, dass das bewährte, an Grund und Boden gebundene Jagdsystem nur dann erhalten bleibt, wenn der Laden auch läuft. Wenn es dauernd Ärger gibt, kommt irgendwann als lachender Dritter der Staat oder eigentumsfeindliche Ideologien. Diese Tendenzen sieht man auch in Bayern, wenn sich beim Thema Verbiss aus meiner Sicht staatliche Stellen oftmals zu viel anmaßen und das forstliche Gutachten eine Einigkeit zwischen Jagdgenosse und Jagdpächter zu überstimmen versucht. Das trägt Unruhe in die Dörfer. Da muss man ansetzen und sowohl Jäger als auch Waldbauern besser zusammenbringen, um Verbiss zu vermeiden. Das sind jagdliche, aber auch waldbauliche Maßnahmen, vom Schwerpunktabschuss bis hin zum Thema Einzelschutz. Es kann nicht sein, dass es quasi verpönt ist, eine Douglasie oder Tanne auch mal im Einzelschutz hochzubringen, sondern nur alles über den Abschuss regeln zu müssen.