Der Luchs, kleiner Bruder des Wolfs. Mit dieser Bemerkung übergab der Leiter der Jägerschaft Goslar das Wort an Ole Anders, Koordinator des Luchsprojektes im Harz. Anders, der diese nicht ganz zutreffende Marginalie mit einem Stirnrunzeln aufnahm, ließ sich, ganz Profi, nicht aus dem Konzept bringen und ging gleich in die Vollen.
Von den drei Luchspopulationen in Deutschland ist die im Harz die mit Abstand größte, während die im Bayrischen Wald mehr oder weniger auf der Stelle tritt und das Vorkommen im Pfälzerwald gerade erst 2016 durch ein Auswilderungsprojekt begründet wurde. Die Luchse im Harz dagegen können sich behaupten und - wie das Fotofallen-Monitoring des letzten Jahres zeigt - auch weiter ausbreiten. Im Fachjargon heißt das „Zellen besetzen“. Eine solche vom Luchs besetzte Rasterzelle ist 10 Quadratkilometer (10000 Hektar) groß.
Das klingt zunächst sehr wissenschaftlich und vor allem hört es sich für den geneigten Jäger nach ganzen Luchshorden an, die sich ausbreiten und den Harz leer fressen. Beruhigung, liebe Mitjägerinnen und Mitjäger, dem ist nicht so. Sicherlich, die ehemals (2004 bis 2006) ausgewilderten Tiere, insgesmt 24 Exemplare, haben ohne Zweifel den ihnen angebotenen Lebensraum angenommen und werden nach und nach im gesamten Harz (Ost, Mitte und West) heimisch. Und mehr als das.
Junge Kuder (männlicher Luchs) verlassen den Harz auf der Suche nach neuen Revieren und Lebensräumen und legen dabei erstaunliche Wegstrecken zurück. Deswegen erstaunlich, weil die Distanzen und die dabei überwundenen Hindernisse wie Autobahnen und Ballungszentren beachtlich sind. So konnten die als Harzer „Weitwanderer“ bekannt gewordenen Luchse im bayrischen Frankenwald, in Brandenburg und im sachsen-anhaltinischen Seehausen nachgewiesen werden.
Dass auf solchen Strecken manche Gefahr lauert und die Raubkatze auch selbst zum Opfer wird, ist einleuchtend und zugleich bedauerlich. Als Haupttodesursache nannte Anders, der bei seinem Vortrag von seiner Kollegin Lilli Middelhoff tatkräftig unterstützt wurde, allerdings verschiedene Tierkrankheiten, die sich für rund 40 Prozent der Mortalitätsrate unter den Luchsen verantwortlich zeichnen. Killerseuche Nummer eins ist dabei die Fuchsräude, die schwerpunktmäßig in den Jahren 2015 / 2016 grassierte.