Die größte Überraschung bestand wohl darin, dass es ausgerechnet der als Gegner der "Rückkehrer" verschrienen Jägerschaft gelungen war, eine derartige mit hochkarätigen Referenten besetzte Tagung auf die Beine zu stellen. Mit dem Effekt, dass dabei Vertreter verschiedenster Organisationen, Institutionen und Behörden miteinander ins Gespräch kamen (siehe Bildergalerie unten).
Die vortragenden Experten konnten ihre Thesen in der Regel faktenreich untermauern und verzichteten in der Diskussion untereinander und mit den Tagungsgästen darauf, sich im "Klein-Klein" der Detailfragen zu verheddern. Ob es derzeit 300, 500 oder bereits 700 Wölfe in Deutschland gibt erschien plötzlich nebensächlich. Ebenso die Frage, wie den der ideale Herdenschutz aussieht.
Stattdessen begab man sich auf die Meta-Ebene. Und dort gilt es beim Wolf folgendes festzustellen:
- Die Schutzbemühungen um den Wolf in Europa sind eine Erfolgsgeschichte
- Das Überleben der Art ist in Europa derzeit nicht mehr ernsthaft gefährdet
- Der Wolf ist ein Kulturfolger und von Natur aus nicht scheu
- Seine Rückkehr bringt Konflikte mit sich
Darüber herrschte weitgehend Einigkeit. Nicht jedoch in der Frage, welche Konsequenzen daraus zu ziehen sind. Aus den Erfahrungen in anderen europäischen Ländern leiten die damit befassten Experten für die Praxis folgende Punkte ab:
- Ohne eine Verwaltung/Bewirtschaftung der Art wird es auf Dauer nicht gehen
- Wölfe ohne Scheu werden von der Bevölkerung nicht akzeptiert
- Scheu werden Wölfe nur durch gezielte Bejagung
So sehen einige Referenten folgerichtig auch nicht die Skeptiker, sondern eher die vielen Wolfsliebhaber als Problem für die Art. Ein Zitat dazu: "Die Zahl derer, die den Wolf lieben steigt, die Zahl derjenigen, die seinen ökologischen Kontext verstehen verringert sich."
Die Forderung nach einer "Säkularisation" im Umgang mit dem Wolf – "weg vom Glauben, hin zu den Fakten" – wurde erhoben. Es gab jedoch auch eine Erklärung dafür, warum einige Naturschutzorganisationen dazu wohl nicht bereit sein werden: "Der Wolf wird als emotionales Werkzeug zum Spendensammeln benutz".
Die meisten Fachleute sind da schon wesentlich weiter und machen sich bereits Gedanken über Managementkonzepte und "Zielkorridore". Das zeigte auch die abschließende Podiumsdiskussion in großer Besetzung. In deren Rahmen wurde bekannt, dass die Schweiz laut einem nationalen Beschluss ein "Downlisting" der Tierart Wolf beim Schutz durch die Berner Convention beantragen wird und dafür derzeit Ausschau nach weiteren "willigen" Unterstützer-Ländern hält.
Die Abschlussdiskussion lenkte den Fokus dann doch auch noch mal auf den Luchs, der nicht nur in der öffentlichen Meinung in den Hintergrund zu geraten droht.
Vom Moderator der Runde dazu aufgefordert, ergaben sich am Ende noch ganz konkrete Gesprächs-, beziehungsweise gar Kooperations-Angebote zwischen den vertretenen Verbänden, Instituten und Behörden. Sollten diese aufgegriffen werden, wäre von dieser Tagung auf Initiative und unter Federführung des Bayerische Jagdverbands tatsächlich ein wichtiger Impuls ausgegangen. RJE