Am 25. Mai war Schauspieler Hannes Jaenicke im ZDF wieder im Einsatz, diesmal für den Wolf. Die Auswahl der Schauplätze und der dort zu Wort kommenden Personen war sehr selektiv und ging so klar in eine bestimmte Richtung, dass man den Beitrag höflich ausgedrückt als unausgewogen bezeichnen muss. Pauschale Grundannahme: Jäger und Weidetierhalter wollen keine Wölfe in Deutschland. Belege dafür: keine! Totaler Wolfsschutz in Deutschland ist alternativlos, meinen Jaenicke und die meisten seiner Gesprächspartner. Angeblich reguliert sich die Natur selbst. Das stimmt zwar, aber in unserer Kulturlandschaft wären die Begleitumstände katastrophal. Zwar werden die Eckdaten keineswegs verschwiegen, aber was sie bedeuten, wird ausgeblendet. Bei gegenwärtig ca. 1.600 Wölfen in Deutschland und einem Jahreszuwachs von 30 bis 35 % werden wir in 10 Jahren weit über 12.000 Exemplare haben. Und damit wären die erwähnten 1.400 potenziellen Wolfsterritorien, die das Bundesamt für Naturschutz errechnet hat, noch nicht alle ausgefüllt. Wer angesichts dieser Zahlen weiter von natürlicher Selbstregulierung ohne dramatische Auswirkungen auch für den Menschen träumt, hat jeden Realitätssinn verloren.

Wolfsbejagung wird verschwiegen
Mehrfach wird in der Sendung darauf hingewiesen, welch ein scheues Tier Isegrim doch sei. Dem Zuschauer, zumindest dem in der Stadt ohne Erfahrung mit dem ländlichen Leben und ohne Kenntnisse der rechtlichen Situation, wird suggeriert, ein nahezu konfliktfreies Zusammenleben von Mensch und Vieh mit dem Wolf sei mit Herdenschutz auch in unserer Kulturlandschaft möglich. Bei den Beispielen aus Süd- und Osteuropa für ein auskömmliches Miteinander von Mensch und Wolf wird verschwiegen, dass der Wolf dort bejagt wird, teilweise recht intensiv. Der Wolf soll auch bei uns zur Normalität werden, wie andere Wildtiere auch. Herr Jaenicke hat dabei anscheinend übersehen, dass andere Wildtiere bei uns regulär bejagt werden.
Blick nach Schweden wäre angebracht gewesen
Jäger als hasserfüllte Elite
Weidetierhalter und Landwirte leiden unter gestiegenen Nutztierrissen.
Jäger werden pauschal als hasserfüllte Elite bezeichnet, die den Wolf wieder ausrotten will. Es ist doch ein bisschen zu einfältig, Herr Jaenicke, und schäbig dazu, Vorwürfe zu erheben, ohne sie zu belegen! Artenschutz wird hier mit falsch verstandenem Tierschutz verwechselt. Die Tierart Canis lupus war nie gefährdet, und es ist zumindest fraglich, ob der Wolf in dichtbesiedelter Kulturlandschaft ebenso zahlreich präsent sein muss wie beispielsweise in der sibirischen Taiga. Welch irrationale Blüten ubiquitärer Totalschutz treibt, zeigt die Population des in Südamerika beheimateten Nandus in Mecklenburg und Schleswig-Holstein. Insofern ist die Änderung des Naturschutzgesetzes, wonach Einzeltiere aus einem Wolfsrudel erlegt werden können, wenn wiederholt Vieh gerissen wurde, durchaus sinnvoll und verstößt weder gegen Artenschutz noch gegen europäisches und deutsches Recht. Den Hinweis, dann würden ja evtl. Wölfe erlegt, die gar kein Vieh gerissen haben, also sozusagen Unschuldige, sollte Jaenicke gedanklich mal auf Reh- und Rotwild übertragen. Spätestens dann sollte ihm der Unsinn dieser Argumentation klar werden.
Jaenicke verschweigt Fälle aus Brandenburg
Herdenschutz mit Zaun und tierischen Wächtern (Hunde, Lamas) wird als Allheilmittel angepriesen. An Wildtiere, die große gezäunte Flächen in den Alpen oder anderswo nicht mehr nutzen können, denkt Herr Jaenicke offenbar nicht. Und die Zahlen der Dokumentationsstelle des Bundes zum Thema Wolf werden schlicht ignoriert. Nach wie vor laufen die Risszahlen schön parallel zur ansteigenden Zahl der Wölfe. Hätte Herdenschutz den gewünschten Erfolg, müsste diese Parallelität enden. Dass in Brandenburg bisher noch jeder Zaun vom Wolf überwunden wurde und dass sich Isegrim Kälber schon aus dem Stall holt, wird von Jaenicke diskret verschwiegen. Hinweise auf die Zahl von Schlachttieren in Deutschland und auf Weidetieropfer durch Blitzschlag müssen von der Weidewirtschaft als blanker Zynismus empfunden werden. Und woher die ebenfalls zynische Weisheit stammt, ein Kalb koste ja nur 8 Euro, erfährt der Zuschauer nicht. Ein aufschlussreiches Beispiel aus Spanien vermisst man in Jaenickes Beitrag. Auf der iberischen Halbinsel gibt es zwei separate Wolfsvorkommen. Der kleinere Bestand im Süden genießt den Schutzstatus des Anhangs IV der FFH-Richtlinie, der deutlich größere weiter im Zentrum steht im Anhang V und wird bejagt. Auch für Herrn Jaenicke hätte die Rissstatistik dieser beiden Vorkommen zum Aha-Erlebnis werden können. Der kleine Bestand unter Totalschutz reißt mehr Vieh als der große bejagte Bestand!
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