Forscher der „Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft“ (WSL) waren bei dem Projekt federführend. Sie konnten auf den einmaligen Schatz des AJF zugreifen. In einer Mitteilung das Instituts heißt es dazu: „Seit der Wiederaufnahme der Steinbockjagd sind im Kanton Graubünden über 20‘000 Tiere erlegt worden. Jedes einzelne davon wurde von den Wildhütern genau vermessen, die Daten danach digital erfasst.“
Und das haben die Wissenschaftler laut Standeskanzlei herausgefunden: „Der Klimawandel tut dem Alpensteinbock sichtlich gut: Wärmere Frühlingstemperaturen, frühere Schneeschmelze und ein dadurch verbessertes Nahrungsangebot begünstigen das Hornwachstum des Bündner Wappentiers.“ Nach Angaben des WSL wendete das international und interdisziplinär besetzte Forscherteam bei der Untersuchung erstmals die aus der Arbeit mit Bäumen bekannte Methode der „Jahrringforschung“ (Dendrochronologie) auf des Steinwild an. Denn der jährliche Zuwachs am Horn des Alpensteinbocks ist anhand der Jahrringgrenzen gut sichtbar. Das Hornwachstum wiederum ist ein aussagekräftiger Indikator für die Lebensbedingungen des einzelnen Tiers.
Die Bündner Steinwildjagd gilt als vorbildliches Modell. Nicht nur in puncto Nachhaltigkeit, sondern auch was die Gerechtigkeit zwischen den Jäger betrifft. In einem Artikel der online-Plattform waldwissen.net heißt es dazu: „Interessieren sich mehr Jäger, als Tiere zum Abschuss freigegeben wurden, entscheidet das Los. Doch für Gerechtigkeit ist gesorgt: Wer seinen Bock geschossen hat, muss in den folgenden Jahren passen; wer eine Niete zieht, ist für das nächste Jahr gesetzt. So kommen mit der Zeit alle zum Zug.“ Und noch eine Besonderheit zeichnet das System aus: „Vor dem Bock ist eine Geiss zu erlegen. Das Geschlechterverhältnis muss ausgeglichen bleiben. So ist dafür gesorgt, dass die Bestände auf dem erwünschten Niveau reguliert werden und dass die Alterspyramide und soziale Struktur stets natürlichen Verhältnissen entsprechen.“
Die Forscher haben sich auch die Frage gestellt, ob neben dem Klimawandel vielleicht auch die Bejahung zu den stärkeren Trophäen führt. Ein Mitautor der Untersuchung merkte dazu an: „Obwohl wir in dieser Studie bisher keine deutlichen Hinweise auf eine jagdliche Beeinflussung des Hornwachstums gefunden haben, wird in weiteren Analysen untersucht, ob und wie sich allenfalls die Bejagung der Tiere auf die Altersstruktur der Steinbockpopulationen und die Entwicklung der Hörner auswirkt.“
PM/RJE
Mehr über das Steinwild in den Alpen erfahren Sie in einer zweitteiligen Serie in PIRSCH 13 und 14/2014