Die Bayerischen Staatsforsten und der Landesbund für Vogelschutz LBV haben ein gemeinsames Leuchtturmprojekt zur Lebensgrundlage für Stein- und Seeadler sowie Bartgeier ins Leben gerufen. Wie die Projektpartner in einer gemeinsamen Pressemitteilung bekannt geben, soll künftig in den Projektgebieten nur noch bleifrei gejagt und „geschossene nicht verwertbare Tiere“ als Nahrungsquelle vor Ort belassen werden. „Alle drei Greifvogelarten sind auf den Verzehr von totem Wild angewiesen. Wild oder Wildteile, die bewusst nach der Jagd im Gelände verbleiben, wären daher eine willkommene, zusätzliche Nahrungsquelle im Brutgeschehen von Steinadlern und Bartgeiern.“
Pilotprojekt: Erlegtes Wild soll bei BaySF im Revier verbleiben

Nachsuchen werden weiterhin durchgeführt
Wie die BaySF auf Nachfrage der Redaktion angeben, soll Fallwild, mit Ausnahme von Schwarzwild, häufiger im Wald verbleiben. „Zudem werden wir verstärkt die Reste von zerwirktem Wild wieder in die Reviere verbringen. Außerdem ist beabsichtigt, schwer bergbare Stücke in Teilen auf der Fläche zu belassen“, so ein Sprecher der Bayerischen Staatsforsten. Um keine Vergiftung der Vögel zu riskieren, sei dabei aber die Verwendung bleifreier Geschosse Grundvoraussetzung. Einen Prozentsatz, wie viel Wild auf der Fläche verbleiben soll, gebe es jedoch nicht. Das werde „sich an der Schutzbedürftigkeit der Art und dem Nahrungsbedürfnis/ -angebot orientieren.“
Auch wird man durch das Projekt nicht auf Nachsuchen, bspw. im Steilhang, verzichten. Aus Tierschutzgründen seien diese ohne Einschränkungen auszuführen, so der Sprecher weiter. Eine Reihe von Mitarbeitern der Bayerischen Staatsforsten haben nach Aussage des Sprechers in den vergangenen Jahren positive Erfahrungen mit bleifreier Munition gemacht. Diese, sowie die weitere Erfahrung, die man sich von dem gemeinsamen Projekt mit dem LBV verspricht, sollen künftig in eine Gesamtstrategie für die Flächen der Bayerischen Staatsforsten einfließen.
Wirklich ein Schelm, wer Schlechtes dabei denkt?
Es stimmt schon, dass sich die Bayerischen Staatsforsten (BaySF) ein Mehr an Biodiversität und Natur-, Arten- sowie Klimaschutz auf die Fahnen geschrieben haben. Dafür wurden sie von Ministerpräsident Markus Söder sogar von der Vorgabe, Gewinn erwirtschaften zu müssen, befreit. Das Pilotprojekt mit dem LBV hat dennoch irgendwie einen faden Beigeschmack.
Wenn man nämlich weiß, dass die BaySF in der Vergangenheit schon öfter wegen ihrem Umgang mit dem Wild in der Kritik standen. Wenn man dazu in Betracht zieht, dass es im Hochgebirge oft nicht einfach ist, erlegtes Wild zu bergen, bzw. so zu erlegen, dass es danach durch Abstürze nicht entwertet wird. Und zudem mit einbezieht, dass die Wildbretpreise derzeit ohnenhin im Keller sind.
Dann, ja dann, könnte man schon auf die Idee kommen, die Staatsförster hätten eine elegante Lösung gefunden, um sich zukünftig aus der Schusslinie zu befinden, wenn Wild oder Wildteile auf ihren Flächen für öffentlichen Ärger sorgen, oder gar der Vorwurf unterlassener Nachsuchen im Raum steht. Und: Einer Debatte über die möglicherweise mangelhafte Tötungswirkung bleifreier Büchsengeschosse geht man damit ebenfalls aus dem Weg.
Man muss gar nicht soweit gehen, festzustellen, dass die Versuchung, beispielweise Gamswild in Sanierungsgebieten einfach aus der Wand zu schießen, dadurch auch nicht eben kleiner wird. Schon so drängt sich die Frage auf: Hätte es wirklich keine andere Möglichkeiten gegeben, etwas für Adler und Geier zu tun, ohne sich in den Ruch der Aasjägerei zu begeben?
Hätte es schon, aber die ist in Bayern unpopulär: Mann müsste dazu die Alterstruktur und die Bestandshöhe bei Rotwild, Gams und Reh so gestalten, dass Fallwild bzw. für Adler erjagbare Beute auf natürlichem Wege in ausreichender Zahl vorhanden ist. JMB
Bayerische Staatsforsten reagieren auf Kritik
Die Ankündigung des Projekts hat zu so heftigen Reaktionen geführt, dass das Unternehmen Bayerische Staatsforsten (BaySF) heute eine Pressemitteilung nachgeschoben hat in der beteuert wird, "dass das wertvolle auf der Jagd gewonnene Wildbret bestmöglich als hochwertiges Nahrungsmittel verwendet wird." Weiter heißt es darin, "zur Umsetzung des Projektes wird es keine erhöhten Abschüsse geben." Und abschließend: "Ferner ist eine lange Übergangszeit vorgesehen: In einem ersten Schritt soll jetzt mit den betroffenen Forstbetrieben und dem LBV unter Einbindung erfahrener Jäger die Kulisse für das Pilotprojekt einvernehmlich erarbeitet werden. Voraussichtlich im nächsten Jagdjahr 2021/22 könnte dann mit der Umsetzung des Projektes vor Ort begonnen werden."
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