Abnormitäten, wenn sie nicht auf Bastverletzungen zurückgehen, sind auch für Biologen oder Veterinärmediziner aus entwicklungsbiologischer Sicht sehr interessant. Bekannt sind Dreistangenhirsche oder auch Rehböcke, die einseitig eine weitere Stange geschoben hatten.
Das hier gezeigte Rothirschgeweih mit vier Stangen stellt einen besonders interessanten Fall dar. Der Hirsch war vor der Erlegung nicht bekannt; man weiß also nichts über die Vorgeschichte. Dass diese Fehlbildung von solch regelmäßiger Symmetrie ist, spricht aber deutlich gegen eine Bastverletzung als Ursache.
Beim Hirschkalb wachsen die Rosenstöcke etwa am Ende des ersten Lebensjahres aus dem Stirnbein hervor. Gleich anschließend werden die Bastkolben des ersten Geweihs gebildet. Manche Schmalspießer besitzen als sogenannte Gabelspießer bereits Augsprossen, andere auch eine Gabel am Ende der Stangen (Kronenspießer). Es ist durchaus denkbar, dass hier bereits beim Auswachsen der Rosenstöcke eine Gabelung entstanden sein kann, die sich nun direkt am Rosenstock und nicht wie üblich an der Geweihstange befindet. Für diese Interpretation spricht die exakt symmetrische Ausbildung der überzähligen Stangen. Prof. Dr. Hans-Dieter Pfannenstiel